Social Media und Innovation: Stakeholder frühzeitig einbinden

Ohne Innovationen gibt es keinen wirtschaftlichen Erfolg. Entsprechend ist die Stärkung des dahinter liegenden Prozesses und der Innovationskultur eine unternehmerische Top-Priorität. Ein zentraler Aspekt dabei ist die Öffnung des Prozesses und damit die strategische Nutzung der Innen- und Außenwelt zur Vergrößerung des Innovationspotenzials der eigenen Organisation.

Waren Neuentwicklungen früher noch die alleinige Aufgabe der F&E-Abteilung, sind heutige Kerninnovationsteams bereits disziplin- und hierarchieübergreifend besetzt. Zudem sollen auch interne „periphere Innovatoren“ (welche „Innovation“ nicht in ihrer Stellenbeschreibung haben) und kompetente Externe aktiviert werden.

Die Umsetzung dieses „Open Innovation“-Gedankens hat durch die Entwicklung von Social Media in den vergangenen Jahren eine geradezu zwingende Erweiterung des Toolsets erfahren. Schließlich geht es bei beiden Konzepten um Vernetzung, Informationsmanagement und Kommunikationsunterstützung.

Der entscheidende Hebel in der Verbindung von Social Media und Innovation liegt gerade in Zuge von Open Innovation darin, dass wesentlich früher und einfacher als bislang Input und Feedback wichtiger Stakeholder in den Entwicklungsprozess aufgenommen werden können: Mehr Ideen kommen schneller in die Pipeline, Make or Break-Entscheidungen werden besser unterstützt, kostenintensive, aber unnütze Eigenentwicklungen fallen früher auf und das Risiko, am Markt vorbei zu entwickeln, sinkt.

Allein die neuen Möglichkeiten der Marktbeobachtung sprechen für den Nutzung von Social Media im Innovationsprozess. Beispielsweise lässt sich mit einer geeigneten Follower-Strategie über Twitter und RSS-Feeds sehr schnell ein einfacher „Horchposten“ in einem Stakeholder-Netzwerk aufbauen, der – wenn überhaupt – in seinem Informationsgehalt und mit seinen Frühwarnfähigkeiten vor der Entstehung des Web 2.0 nur über Spezialdienstleister zu beziehen war.

Unter dem Stichwort “Social Media Intelligence” werden heute Tools, Techniken und Methoden zusammengefasst, mit denen aus den Daten des Social Web Grundlagen für Managemententscheidungen kondensiert werden, auch für Innovationsprozesse.
Der eigentliche Charme besteht jedoch darin, selbst zum Sender zu werden, also ein aufgebautes Netzwerk über eigene Inhalte ungefiltert zu informieren, was widerum bei der Marktvorbereitung und -einführung von Neuheiten Pflicht ist.

Interaktive Entwicklung
Beim Innovationsprozess innerhalb eines Unternehmens stehen die gemeinsame interaktive Entwicklung von Inhalten über Abteilungsgrenzen und Hierarchiestufen hinweg im Vordergrund. Auch hier bietet Social Software erhebliche Vorteile.

Geeignete Werkzeuge sind insbesondere:

  • interne Wikis
  • Innovations- und Projekt-Blogs
  • Instant Messaging (inkl. Videos)
  • Spezielle Plattformen, wie sie beispielsweise bei IBM für sogenannte JAMs genutzt werden

Sie ermöglichen die Prozesse der Information, Dokumentation und Collaboration wesentlich besser als alle bisherigen Knowledge-Systeme.

Zur Identifikation von peripheren Innovatoren im Unternehmen sind zudem interne Social-Networking-Plattformen eine interessante Option. Neben einem Überblick zu den versteckten Kompetenzen im Unternehmen können so auch entsprechende Verteiler aufgebaut werden, um die interne Vernetzung zu stärken. Ein gutes Beispiel hierfür liefert der Konzern BASF mit dem Ansatz connect.BASF. Pragmatisch sollte im ersten Schritt allerdings geprüft werden, ob nicht eine einheitliche Nutzung der offenen Business-Plattformen wie Linked-In oder Xing den gleichen Effekt bei geringeren Aufwänden hat.

Soll die Gesamtheit der potenziellen externen Innovatoren (Wissenschaft, Partner, Kunden bis hin zum Wettbewerb) einbezogen werden, liegt die Aufgabe des Unternehmens vor allem in ihrer adäquaten Aktivierung. Am besten gelingt dies über Ideenwettbewerbe, die wegen ihres kompetitiven Designs und der Möglichkeit, Preise zu gewinnen, den höchsten Anreiz zu qualifizierter Partizipation bieten.

Wertvolle Hinweise zur Wahrnehmung von Produkt und Marke bieten Corporate Blogs beziehungsweise Präsenzen im Social Networks, die widerum für Ideenwettbewerb und andere Aktivierungen genutzt werden können. Gelungene Beispiele sind für:

(1) Corporate Blogs: Der Tiefkühlkost-Hersteller Frosta war wohl eines der ersten Unternehmen in Deutschland, das mit dem Frosta Blog den Weg der transparenten Kommunikation ging und seine Umwelt in die Produktentwicklung einbezog.

(2) Communities: Tchibo Ideas ist eine der bekanntesten Communities, die Kunden und Nutzern die Möglichkeit geben, Ideen einzureichen. Konzerne wie Daimler gehen auch intern diesen Weg: Die „Daimler Business Innovation Community“ hat heute fast 30.000 registrierte Mitarbeiter, die Neuerungen vorschlagen, diskutieren und somit aktiv an der Entstehung von Innovationen mitwirken.

(3) Die Nutzung bestehender Netzwerke: In diesem Newsletter finden Sie etwa im Beitrag „Ideenwettbewerbe sollten Teil einer Strategie sein“ das Beispiel eines Ideenwettbewerbs der Stadt Wiesbaden und des Kreises Rhein-Taunus, bei dem auch Facebook integriert wurde.

Natürlich kann die Verbindung von Innovation und Social Media auch über andere Ansätze erreicht werden. Umfassend beschrieben werden diese im Buch Social Media Handbuch: Theorien, Methoden, Modelle (Michelis 2010). Wichtig erscheint uns jedoch vor allem, dass das Engagement vernetzt konzipiert und nachhaltig umgesetzt wird.

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Foto: istockphoto/foto-ruhrgebiet

Veröffentlicht von

Stephan Fink

Stephan Fink, Member of the Board & CEO of communications agency Fink & Fuchs Public Relations AG, Wiesbaden, Berlin, München