Im Fokus: Corporate Social Responsibility

Unternehmerisches Mäzenatentum ist nicht neu: Spenden oder die Unterstützung örtlicher Sportvereine haben eine lange Tradition. Neu hingegen sind die vielfältigen Ansätze einer zunehmenden Professionalisierung des gesellschaftlichen Engagements und dessen Einbindung in die langfristige Unternehmensstrategie. Zwar engagieren sich 96 Prozent der deutschen Unternehmen gesellschaftlich, jedoch fehlt oft ein integrierendes Konzept, das gesellschaftliche Verantwortung als wichtigen Teil der Unternehmenskultur beziehungsweise -strategie versteht.

Corporate-Social-ResponsibilityDas ist auch eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie, für die das Forsa-Institut im Auftrag des „Centrums für Corporate Citizenship Deutschland“ rund 500 Unternehmen in Deutschland und den USA befragt hat. Interessant auch: Nur knapp 40 Prozent der deutschen Firmen suchen aktiv nach Handlungsfeldern. Die große Mehrheit betreibt so genannte Corporate Social Responsibility (CSR) weitgehend reaktiv. Zudem ist bemerkenswert, dass ebenfalls nur 40 Prozent der von Forsa befragten deutschen Unternehmen kommerzielle Erwartungen mit dem Wahrnehmen gesellschaftlicher Verantwortung verbinden. Ob Aktionäre und Investoren genau so denken, ist fraglich. Anders in den USA: Hier sagen je nach Unternehmensgröße 63 bis 84 Prozent der Befragten, dass sich ihr gesellschaftliches Engagement auch betriebswirtschaftlich lohnen soll.

Dies unterstreicht auch eine im Juni 2007 von der internationalen Steuer- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thornton durchgeführte Untersuchung in den USA. 77 Prozent von 500 befragten US-Managern glauben, dass CSR-Programme einen positiven Einfluss auf ihr Geschäft haben und dazu beitragen, den Gewinn zu steigern. Als die drei wichtigsten Vorteile eines CSR-Engagements wurden folgende Punkte genannt: die Verbesserung der öffentlichen Meinung, die Verbesserung der Kundenbeziehungen und eine höhere Attraktivität für das eigene Personal und Jobsuchende.

Langfristiger Unternehmenserfolg wichtig

Wenn die Strategie stimmt und regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft wird, sind gutes Gewissen und gute Gewinne kein Widerspruch. Dann zahlt sich die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung für alle Beziehungsgruppen aus. Und nicht nur das: „Aus ökonomischer Perspektive ist die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung sogar als Bedingung für den langfristigen Unternehmenserfolg zu interpretieren“, so Marketing-Papst Heribert Meffert. Unternehmen tragen Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Kunden, Investoren und last not least der Gesellschaft insgesamt. Gesellschaft und Politik erwarten mehr denn je, dass Unternehmen für die Gemeinschaft aktiv sind und reagieren äußerst sensibel auf Verstöße gegen Menschen-, Arbeits- oder Umweltschutzrechte. Verantwortliche Unternehmensführung entsteht dann, wenn die Interessen und Belange aller Beziehungsgruppen berücksichtigt werden. Niemand schwebt im freien Raum, sondern muss alle Gruppen im Auge haben.

Fokus auf das Kerngeschäft

Unternehmen sind daher gut beraten, sich stärker mit Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und ihren eigenen CSR-Projekten zu beschäftigen. Wer sich als verantwortliches Unternehmen dauerhaft profilieren will, muss sein gesellschaftliches Engagement zudem in Einklang mit seiner Unternehmensstrategie – sprich seinem Kerngeschäft – bringen. Letztlich ist CSR umso besser, je enger sie sich am eigentlichen Unternehmenszweck orientiert. Beispielsweise verstehen immer mehr Technologieanbieter die so genannte „Grüne IT“ über die rechtlichen Verpflichtungen hinaus als Teil ihrer sozialen Verantwortung. 68 Prozent der von Grant Thornton befragten US-Manager glauben, dass das umweltbewusste Handeln in den nächsten drei bis fünf Jahren für ein Unternehmen verpflichtend sein wird.

Doch die Frage bleibt: Wann wird ein Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht? Zahlreich sind die Versuche und Organisationen, die versuchen, Kriterien für Corporate Social Responsibility festzuklopfen. Bisher ohne großen Erfolg. CSR ist oft eine Gratwanderung und immer ein Prozess des Abwägens verschiedener Interessen. Wichtig ist jedoch, dass eine klare Strategie dahinter steht.

Freiwillig und frühzeitig

Das Bedeutende an der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung ist zum einen der freiwillige Ansatz und zum anderen der frühzeitige Ansatz. Unternehmen müssen lernen zu agieren, anstatt auf Krisen zu reagieren. Fundierte und gewachsene gesellschaftliche Verantwortung ist damit nicht Goodwill, sondern dient auch dem Risikomanagement. Darüber hinaus verschafft verantwortungsvolles Handeln einen Vertrauensvorschuss bei den Beziehungsgruppen, erhöht die Akzeptanz von Unternehmen in der Gesellschaft und gesteht Firmen auch mehr Zeit ein, begangene Fehler wieder gut zu machen. Risikopotenziale werden damit kleiner. Der US-Investor Warren Buffet meint denn auch: Es dauert zehn Jahre, ein positives Image aufzubauen und nur zehn Sekunden, es wieder zu zerstören.

Integraler Bestandteil der Unternehmenskultur

Wer aus der ökonomischen Betrachtung heraus strukturiert vorgeht und analysiert, weiß es: Vertrauen in ein Unternehmen, seine Produkte und Akteure sind extrem wichtig und senken zudem die Kosten der Zusammenarbeit. Lang andauernde Beziehungen bauen Vertrauen auf, verringern soziale sowie strukturelle Reibungen und sparen Kosten. Verantwortliches Handeln beginnt damit ganz einfach – in der eigenen Wertschöpfungskette. Faire Beziehungen zu Kunden, Partnern und Zulieferern sowie die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards bilden die unabdingbare Basis für ein positives Image. Letztlich ist CSR nur glaubwürdig, wenn es ein integraler Bestandteil der Unternehmenskultur und der -kommunikation ist und wenn alle Wertschöpfungsbereiche von Zulieferauswahl bis hin zum Altproduktrecycling verantwortlich betrieben werden.

Otto find´ ich gut

Es muss einfach passen: Brauereien, die den Regenwald retten oder Fußballplätze bauen, sind weniger überzeugend als Mineralbrunnen, die sich für die Wasserversorgung in der Dritten Welt einsetzen. Der Schutz des Regenwaldes für einen Bierbrauer ist zwar eine gute Sache, aber kein passendes CSR-Thema. Denn es gehört nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens. Besseres Beispiel der Otto-Versand: Weil der Textilhändler wegen schlechter Arbeitsbedingungen bei Lieferanten und Pestizideinsatz bei der Stoffeinfärbung in den 90er Jahren im Kreuzfeuer der Kritik stand, hat Otto seinen Zulieferern in Asien nicht gekündigt, sondern bildete sie aus, obwohl sie sich dagegen sträubten. Gezahlt wird zudem ein Existenz sicherndes Gehalt. Mittlerweile gilt Otto als ein Musterbeispiel in Sachen CSR und berät sogar andere Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung gesellschaftlich verantwortlicher Management- und Produktionssysteme.

Ebenfalls gute Beispiele im Bereich Bildung sind Initiativen vom TÜV Hessen oder von Microsoft. Mit seinem Bildungsengagement „TÜV-Kids“ will der TÜV Hessen die Schlüsselkompetenz Technik schon im Kindesalter fördern. Das Unterrichtangebot richtet sich an alle 60.000 Schüler in hessischen Grundschulen. Der TÜV Hessen kümmert sich dabei um die Rekrutierung und die Ausbildung der TÜV-Kids-Trainer und stellt sämtliche Materialien für die Viertklässler unentgeltlich zu Verfügung.

Ähnlich der TÜV-Aktion zielt die IT-Fitness-Initiative von Microsoft und Partnern von der Bundesagentur für Arbeit bis hin zum Zentralverband des Deutschen Handwerks auf Berufstätige und Berufseinsteiger quer durch alle Berufsgruppen und Alterstufen. Diese sollen fit für den Umgang mit IT im Berufsalltag gemacht werden. Dabei werden unter anderen kostenfreie Schulungskurse angeboten, um Teilnehmern grundlegende Computerkonzepte und -kenntnisse zu vermitteln und ihnen damit neue soziale und berufliche Chancen eröffnen.

Noch sind es wenige Unternehmen, die bei der Auswahl eines Technologie-Anbieters auf dessen definierte soziale Werte achten, aber diese Zahl nimmt sehr schnell zu. Der Druck, das Thema CSR für das eigene Unternehmen aufzugreifen -– so die Untersuchung von Grant Thornton – wird hauptsächlich von den Konsumenten (45 Prozent) und den Investoren (21 Prozent) kommen. Strategisch geplante Investitionen in dokumentierbare CSR-Engagements werden zunehmend zu einer unternehmerischen Pflichtaufgabe, die positiv in den Wert und die nachhaltige Profitabilität eines Unternehmens einzahlen.

Literatur-Tipps und Textbeiträge

Corporate Citizenship. Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen in Deutschland (gebundene Ausgabe), Autoren: Andre Habisch und Rene Schmidpeter, Verlag Springer, Berlin, 4. Auflage, August 2007, EUR 69,95. ISBN: 3540443355

„Business Ethics. A European Perspective“ von Andrew Crane und Dirk Matten,
Verlag Oxford University Press, 2. Auflage 2007.

Corporate Citizenship. Gesellschaftliches Engagement – unternehmerischer Nutzen (Broschiert) von Josef Wieland und Walter Conradi, 225 Seiten, Verlag Metropolis, EUR 24,80. ISBN: 3895183970.

Unternehmensführung in der Reflexiven Modernisierung. Global Corporate Citizenship, Gesellschaftsstrategie und Unternehmenskommunikation (Taschenbuch) von Ralf Weiss, 328 Seiten, Verlag Metropolis, EUR 36,80. ISBN: 3895183997.

„Erfolgsfaktor Verantwortung. Corporate Social Responsibility professionell managen“ (gebundene Ausgabe) von Kaevan Gazdar, Andre Habisch, Klaus R. Kirchhoff, 170 Seiten, Springer-Verlag, EUR 34,95. ISBN: 3540262792.

„Corporate Social Responsibility in kleinen und mittleren Unternehmen. Grundlagen-Instrumente-Perspektiven“ (broschiert) von Astrid Holzborn, 109 Seiten, VDM Verlag Dr. Müller, EUR 49, ISBN: 3865504523.

Veröffentlicht von

Michael Zell

Michael Zell, Stakeholder Communication, Senior Director Customer Strategy, Kommunikationsagentur Fink & Fuchs Public Relations AG, Wiesbaden, Berlin, München