Media-Relations-Public-Relations

Verbessertes Verhältnis von PR und Journalismus?

Unter dem Titel “Das Google-Dilemma” hat das Institut für Organisationskommunikation an der Universität der Bundeswehr, München, jüngst eine neue Studie zu “Journalismus und Public Relations” veröffentlicht. Immerhin 1.608 Journalisten haben an der Umfrage zu Media Relations teilgenommen.

Unter dem Titel “Fast jede zweite Pressemitteilung wird ungelesen gelöscht” hat nicht nur der PR-Report darüber berichtet. Wobei mich diese Überschrift stutzig gemacht hat, da diese Erkenntnis ebenso wenig neu ist wie das Studienergebnis, dass Pressemeldungen nur zum kleineren Teil Anlass für Berichterstattung sind. Schon Mitte der 90er sagte mir ein Chefredakteur, dass von mehreren hundert Pressemeldungen die täglich in der Redaktion aufschlagen, nur der kleinere Teil komplett gelesen wird und nur ein Bruchteil ins Heft komme. Der Rest war oft inhaltlich irrelevant, unverständlich aufbereitet, schlecht terminiert oder erreichte den falschen Adressaten … und wanderte mehrheitlich ab in – damals noch – die Papiertonne. Jetzt könnte man die steinalte Diskussion zur Qualität von Verteilern oder dem Timing aufmachen. Aber wozu – ist doch eigentlich alles bekannt.

PR-Manager und Pressesprecher werden als vertrauenswürdige Quelle geschätzt.

Sehr spannend fand ich jedoch die Teile der PR-Studie, die sich mit dem Verhältnis von Journalisten zu Pressesprecher & Co und der Qualität von Online-Angeboten beschäftigen.

Verhältnis-von-Journalisten-und-Public Relations-12-2013-Media-RelationsSo wird die persönliche Kommunikation als sehr vertrauenswürdig, hilfreich, relevant und professionell beschrieben. Die schriftliche – ich ergänze noch visuelle – Kommunikation schneidet fühlbar schlechter ab und auch bei der Aufbereitung der Inhalte ist noch Luft nach oben.

Online-Angebote noch immer zu dürftig

Insbesondere bei der Aufbereitung von Informationen für Online-Angebote sehen die Studienteilnehmer noch deutlichen Nachholbedarf. Wenn man berücksichtigt, dass Online-Recherchen bei Journalisten ganz vorne liegen, kommt der Bereitstellung von leicht verständlichen und schnell auffindbaren Informationen in Text, Bild oder Video die höchste Bedeutung zu (Stichworte: Newsroom, Usability, SEO). Die Zugriffe auf Pressematerial durch Journalisten und viele andere Interessierte werden heute viel weniger von Aussendungen als von Web-Suchen oder gezielter Recherche auf Websites beeinflusst. Multimedial aufbereitete Informationsangebote, verlinkt mit Hintergrundinformationen und leicht zugreifbar in modernen Newsrooms gebündelt sollten heute Standard sein, sind es aber noch immer nicht. Wer möchte, dass seine Informationen gefunden werden und auch auf Plattformen von Dritten (Medien, Blogger, …) aufgegriffen werden, muss seine Themen über entsprechende Serviceangebote anschlussfähig an das digitale Zeitalter machen. Dazu gehören nicht nur Fragen der Aufbereitung sondern auch Suchmaschinenoptimierung und aktive Vernetzung via Social Media oder einschlägige Rechercheplattformen.

Ein “Google-Dilemma” sehe ich darin aber nicht, sondern eine Chance über gut orchestrierte Digitalkommunikation seine Themen zu transportierten und eine adäquate Online-Reputation aufzubauen, die auch ihre Entsprechung in klassischen Medienkanälen finden wird.

Entspanntere Beziehung zu Pressesprechern

Verbessertes-Verhältnis-von-PR-und-Medienvertretern-Media-RelationsDie Initiatoren der Studie konstatieren ein deutlich verbessertes Verhältnis zwischen PR-Verantwortlichen und Journalisten. Pressesprecher werden nur von ca. 20 Prozent der Befragten als Gegenspieler wahrgenommen, eher als Partner und insbesondere im persönlichen Austausch als wertvolle Quelle geschätzt. Anscheinend werden überkommene Feindbilder langsam von konstruktiv-kritischem Pragmatismus abgelöst. Man akzeptiert die gegenseitigen Rollen und ist sich über die Zielsetzungen der anderen Seite bewusst. Wobei einschränkend anzumerken wäre, dass kritische Journalisten, beispielsweise Mitglieder des Netzwerk Recherche, an solchen Umfragen wahrscheinlich überhaupt nicht teilnehmen.

Ist die Pressemeldung ein Auslaufmodell der Media Relations?

Pressemeldung ein Auslaufmodell 2013-Media-RelationsBezüglich der Bedeutung von Pressemeldungen fragten die Forscher “Nutzen Sie Pressemeldungen heute häufiger zur Informationsgewinnung als früher?” und “Sind Pressemeldungen heute öfter Auslöser für Berichterstattung als früher?”. Bei jeweils gut einem Viertel der Befragten ist dies der Fall, jeweils ca. 25% gaben ein unentschieden an und der Rest sagte “stimme ich nicht zu”. Daraus leiten die Forscher in ihrer Zusammenfassung der Ergebnisse die steile These ab: “Die Bedeutung von Pressemeldungen für Informationsgewinnung und als Ausgangspunkt von Berichterstattung nehmen ab.” Das wurde anscheinend weder gefragt, noch ist es belegt.

Auch Pressemeldungen neben Google, persönlichen Kontakt, Webseiten oder Onlinearchiven als Recherchetool zu bezeichnen, halte ich für bedenklich. Recherchetools helfen beim Suchen nach Inhalten und führen ggf. auch zu Pressemeldungen, die hoffentlich ein Thema gut umschreiben.

Pressemeldungen behalten mit Sicherheit in modifizierten, zeitgemäßen Formaten ihre Bedeutung. Denn schließlich müssen Themen oder Nachrichten in irgendeiner Form verständlich transportiert werden. Wer dies als Organisation nicht schafft, wird im Wettbewerb um Aufmerksamkeit verlieren. Ob wir diese Informationsangebote dann Pressemeldung, digitale Pressemappe oder Social Media Release nennen, ist letztlich egal. Gut aufbereitet und anschlussfähig an das Digitale Zeitalter müssen sie sein und wie die Forscher der Bundeswehruniversität richtig anmerken, sorgsam eingebunden sein in eine zunehmend besser abteilungsübergreifend orchestrierte Gesamtkommunikation, analog und vor allem digital.

Veröffentlicht von

Stephan Fink

Stephan Fink, Member of the Board & CEO of communications agency Fink & Fuchs Public Relations AG, Wiesbaden, Berlin, München