Social Media ersetzen nicht das persönliche Gespräch

Beinahe jede Woche belegt eine neue Studie oder Umfrage, dass Social Media in der Unternehmenskommunikation inzwischen fester Bestandteil ist – jüngst eine Studie des Branchenverbandes Bitkom. Was allerdings bedeutet das für die Zusammenarbeit mit Journalisten?

Der digitale Wandel hat dazu geführt, dass Medienschaffende ihre Plattformen und Inhalte auf neue Art und Weise aufbereiten müssen, und sich somit in einem veränderten Arbeitsumfeld wieder finden. So ergab die jährliche Studie Digital Journalism, für die wir 2011 mit unserem PR-Netzwerk Oriella 500 Journalisten aus 15 Ländern befragt haben, dass erstmals über 50 Prozent von ihnen mit ihren Online-Angeboten mehr Leser erreichen als über ihre traditionellen Kanäle wie Print, TV oder Rundfunk.

Dieser Trend schlägt sich deutlich auf die Arbeitsweise der Journalisten nieder. Durch die immens erhöhte Geschwindigkeit, in der Nachrichten heute um die Welt gehen und zudem durch „inoffizielle“ Quellen wie soziale Netzwerke noch schneller verbreitet werden, haben die Veränderungen großen Einfluss auf ihr Informations- und Rechercheverhalten: Der Druck von Außen hat sich erhöht, alleine durch die wachsende Anzahl der Kanäle. In der Konsequenz steigt der Wettbewerbsdruck auch für Kommunikationsprofis. Es herrscht Verunsicherung, wie sich denn nun die eigenen Inhalte in der Flut konkurrierender Themen und Nachrichten behaupten sollen.

Kontaktpflege steht an erster Stelle

Unsere Erfahrung aus dem täglichen Kontakt zu Medienvertretern zeigt, dass sich in den vergangenen Jahren die Anforderungen zwar in Teilen gewandelt haben, aber die Primärtugenden nach wie vor entscheidend sind. Will heißen: Die Kontaktpflege zu Redakteuren, aber auch nicht-traditionellen Mittlern wie Bloggern, ist Dreh- und Angelpunkt für die erfolgreiche Medienarbeit im Rahmen der PR-Strategie – dabei führend per Telefon oder Mail, aber auch zunehmend über soziale Medien wie Twitter und Facebook. Dass wir damit richtig liegen, zeigt zum Einen unser seit über zwei Jahrzehnten währender Erfolg, zum Anderen aber auch die direkten Feedbacks unserer Kunden, die unser hervorragendes Netzwerk zu Journalisten der ITK- und Industrie-Presse besonders zu schätzen wissen. Denn: PR ist People-Business, und daher gibt es keinen allgemeingültigen Weg.

Generell zeigt sich, dass es Redakteuren zunehmend schwer fällt, externe Termine wie Pressekonferenzen oder -gespräche wahrzunehmen. Dennoch sind diese Formate noch lange nicht am Ende, da es gute Gründe gibt, ebendiese zu wählen: etwa wenn ein hochrangiger Unternehmensvertreter aus dem Ausland sehr grundlegende und aktuelle Neuigkeiten zu verkünden hat.

Videokonferenzen ermöglichen Flexibiltät

Besonders die Vermittlung Video-Konferenzen-in-der-Medienarbeiterklärungsbedürftiger Themen sollte nach wie im persönlichen Gespräch stattfinden, denn gerade hier bildet der direkte Austausch mit entscheidenden Redakteuren die Basis für regelmäßige Präsenz in den relevanten Medien.

Besuche in den Redaktionen, die bei einem Zeiteinsatz von maximal einer Stunde in unmittelbarer Nähe zum Schreibtisch des Redakteurs stattfinden, stehen hoch im Kurs. Noch mehr Flexibilität und einen Mittelweg zwischen den klassischen Formaten bieten Telefon- und Videokonferenzen, die sich durch moderne Technologien wie Cisco WebEx mit visuellen Inhalten und Präsentationen anreichern lassen. Zudem können diese aufgezeichnet, jederzeit im Nachgang angehört und angesehen sowie neue Inhalte für Informationsplattformen generiert werden, zum Beispiel als Video in einem Social Media Newsroom.

Selbstverständlich macht der persönliche Kontakt zu den Meinungsmittlern nur einen Bruchteil erfolgreicher Medienarbeit aus – wenngleich auch mit den wichtigsten. Denn jedermann weiß, dass in der täglichen E-Mail-Flut stets die Nachrichten von bekannten Absendern die höchste Aufmerksamkeit genießen. Und genau das macht es aus: Die enge Vernetzung mit den wichtigen Journalisten, gepaart mit einer ansprechenden und seriösen Aufbereitung relevanter News, die über über Plattformen und Kanäle, die dem heutigen Informationsverhalten entsprechen, verbreitet werden können.

Untermauert wird unsere Sichtweise von den Umfrageergebnissen des PR-Dienstleisters Zimpel, in der die 350 befragten Journalisten bestätigen: Das persönliche Gespräch ist ihre wichtigste Informationsquelle, noch knapp vor der Suchmaschinenrecherche, mit 70 versus 68 Prozent.

Interessant dabei ist, dass knapp 60 Prozent in der Regel mit nicht mehr als 20 externen Ansprechpartnern zusammenarbeiten – das beweist, wie wichtig die Kontaktpflege auf Augenhöhe ist. Dieses Ergebnis lässt aber auch vermuten, dass es pro Journalist maximal 20 Kommunikatoren gibt, die ihn mit ihren Inhalten oder der persönlichen Ansprache von ihrer Sache so überzeugen, dass sie es in den „Inner Circle“ des Redakteurs schaffen. Fakt jedoch ist: Mit halbgaren Geschichten und telefonischem „Nachhaken“ ohne Informationsangebot für den Journalisten hat man es sich sehr schnell verscherzt.

Fazit

Soziale Medien ergänzen, auch aus unserer Sicht, die Toolbox für den Informationsaustausch. Sie bereichern die Vernetzung untereinander und ermöglichen eine breitere Palette der Informationsaufbereitung und -bereitstellung. Facebook als Ergänzung zum Adressbuch und kurze Tweets statt umfangreicher Backgrounder haben der Beziehung zwischen Redakteur und PR-Mensch nicht selten schon neues Leben eingehaucht. Dennoch steht das persönliche Gespräch aus unserer Sicht weiterhin an erster Stelle.

Veröffentlicht von

Michael Zell

Michael Zell, Stakeholder Communication, Senior Director Customer Strategy, Kommunikationsagentur Fink & Fuchs Public Relations AG, Wiesbaden, Berlin, München