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1999: Neuer Markt und der Millenium Bug

Es ist das Hammerjahr in der bisherigen Geschichte unserer PR-Agentur: 25 Prozent Wachstum waren geplant und heraus kamen 50 Prozent, zum großen Teil durch Zusatzaufträge der bestehenden Kunden. Erstmals rangieren wir im Pfeffer Ranking unter den Top Twenty aller PR-Agenturen und unter den Top drei der Tech-Agenturen. Ursache für die Entwicklung ist die wachsende Begeisterung unserer Kunden für PR. Somit führen wir auch nach 1989 und 1991 unsere dritte Untersuchung zu „Public Relations der Computer- und Telekommunikationsindustrie“ durch. Einen Auszug der Ergebnisse liefert die Pressemeldung.

Ein beherrschendes Thema des Jahres ist der “Millenium Bug” – die Gefahr, dass schlecht programmierte Systeme zum Jahrtausendwechsel aufgrund des Datums 1.1.2000 schlicht und einfach abstürzen.

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Das ist beim PC vielleicht noch zu verkraften, bei Kraftwerkssteuerungen, Banksystemen oder Militäreinrichtungen sieht das jedoch anders aus. Aus den Vorbereitungsinvestitionen (Experten schätzen über 600 Mrd. US-Dollar weltweit) ergibt sich für unsere Kunden eine Sonderkonjunktur, an der wir mit entsprechenden Aufklärungskampagnen und Krisenpräventionsmaßnahmen ebenfalls gut partizipieren. Zum Jahreswechsel haben wir Notstromaggregate in der Agentur und einen Notfallplan für ein Notfallteam, das im Fall der Fälle für betroffene Kunden etwaige Krisenkommunikation managen soll. Die Kollegen feiern Silvester bewaffnet mit Mobiltelefonen. Doch als wir um die Mittagszeit erfahren, dass in Australien das Licht nicht ausgegangen ist, gibt es Teilentwarnung.

PR-Agentur-Fink-Fuchs-wird-AG-Weihnachtskarte-1999Zum Jahreswechsel werden wir zudem eine Aktiengesellschaft. Nicht um an die Börse zu gehen – der Neue Markt feiert gerade einen Kursrekord nach dem anderen –, sondern um mit einer modernen Rechtsform im neuen Jahrtausend weiter nach vorne zu kommen. Die AG ist flexibel für etwaige Mitarbeiterbeteiligungen und aufgrund der rechtlichen Konstruktion gut für die Bonität.

Es gibt auch jede Menge spannender Kundenprojekte. Auf der CeBIT – es kommen rund 700.000 Besucher – realisieren wir in Zusammenarbeit mit den Produktionsfirmen IntelliVision, TV1 und INETV  für unsere Kunden Cisco Systems, EMC2, Motorola und Poet Software erstmals Internet-TV. Live-Mitschnitte von Pressekonferenzen, Interviews oder TV-Messeberichte wandern direkt ins Netz der Netze. Wir residieren auf der Messe in unserem deutlich aufgehübschten Trelement, einem Pavillion auf dem Dach der legendären Messehalle No1. Unser Betriebsausflug wird zur Vertiefung unserer TV-Expertise in eine Exkursion zum ZDF umgemünzt.

NetAid-Kampagne-von-CiscoFür Cisco setzen wir in Deutschland die PR-Begleitung des Net Aid-Programms um, eine CSR-Initiative in Kooperation mit der UNO. Während der ITU-Telecom in Genf starten John Chambers, Kofi Annan zusammen mit Michael Dougles im Palais des Nations diese globale, webbasierte Hilfsaktion. Zum Auftakt gibt es gigantische Konzerte, unter anderem mit Brian Ferry, Eurythmics, Sting, Bono, George Michael und David Bowie in Genf, im Londoner Wembley-Stadion und im Giant-Stadium in New Jersey. Sie sind alle live in allen Ländern der Erde zu sehen. Es ist für einige Kollegen ein echtes Geschenk, in Genf dabei sein zu können.

Aber auch bei anderen Kunden geht die Post ab: Weil Formel-1-Pilot Heinz-Harald Frentzen am Stand der PlayStation auf der IFA eine riesige Publikumstraube anzieht, wird kurzerhand die Halle gesperrt. Mehrtägige Presseveranstaltungen gehören schon fast zum Alltag, beispielsweise bei der Versorgung der europäischen Top-Fachpresse mit heißen Informationen, wohltemperierten Weinen und Zimmern mit Seeblick im Fünf-Sterne-Hotel “Le Montreux Palace” am Genfer See. Eine Kollegin sagt, sie hatte “Samthandschuhe” im Gepäck.

Motorola-Handy-kleiner-geht-es-nicht-Einfuehrungskampagne-von-PR-Agentur-Fink-Fuchs
Mini-Handy von Motorola für die Kleingeldtasche

Ein echtes Highlight ist auch die Einführung des Mini Handys “V3688” von Motorola: Die absolut flächendeckende Berichterstattung, doppelseitige Abbildung des 10 cm großen Geräts zusammen mit einer Streichholzschachtel im Stern, in Summe 45 Minuten TV-Berichte und eine kummulierte Reichweite von über 350 Millionen Kontakten können sich sehen lassen. 17 Millionen deutsche Mobiltelefonierer wollen informiert sein. Es gibt ja auch verdammt viel zu berichten: Die ersten Wap-Handys werden vorgestellt und die Telekom vergibt erste Test-DSL-Anschlüsse. Boris Becker macht seine ersten Gehversuche im Netz und sagt “Ich bin drin”.

Langsam zeichnen sich faktische oder vermeintliche Umsonst-Kultur und Sharing-Economy ab: Napster stellt die erste Musiktauschbörse ins Netz, Lotus und Star Division verschenken ihre Office-Produkte und durch das Commitment von IBM nimmt die Entwicklung von Linux Fahrt auf. Aber auch Computerviren wie Melissa gehören zum Alltag und richten Millionen-Schäden an. Der kaum vorstellbare Entwicklung der Technologieaktien am NASDAQ und Neuen Markt tut dies keinen Abbruch. Platz für die Berichterstattung findet sich in den allgegenwärtigen Multimediaseiten von Tageszeitungen, in Zusatzbeilagen und der zunehmenden Börsenberichterstattung in Print-, Online- und TV-Formaten.

Mittlerweile hat sogar Berlin gemerkt, dass die technologische Entwicklung ernst zu nehmen ist. Der Kanzler unterstützt die Initiative D21, die die digitale Spaltung in Deutschland verhindern und zur Entwicklung der digitalen Gesellschaft beitragen soll. Viele unserer Kunden und auch wir werden Mitglied bei diesem Private-Public-Partnership, wir mit unserer PR-Agentur auch.

Und es gibt noch etwas, das die Zusammenarbeit mit den Kunden echt erschwert, insbesondere die Freigabe von Texten: Die Rechtschreibung wird reformiert. Nachdem sich die meisten Medien dazu entscheiden mitzumachen, setzen wir Seminare für Mitarbeiter und zusammen mit der Gesellschaft für Deutsche Sprache Informationsveranstaltungen für unsere Kunden auf. Das Projekt macht Arbeit, Ärger und wird wohl auch zukünftig weiter kontrovers diskutiert.

Und sonst: Putin wird Präsident in Russland, Clinton übersteht ein Impeachment-Verfahren und die Nato ist im Krieg mit Jugoslawien. Der Euro wird zum Jahresanfang als “Buchgeld” eingeführt. Die EU-Strommärkte werden liberalisiert und Strom bekommt eine Farbe: Gelb! Millionen Deutsche erfreuen sich in Süddeutschland an einer totalen Sonnenfinsternis, Cineasten gehen in Matrix und RTL  startet ganz im Zeichen des Börsenbooms die Quizsendung “Wer wird Millionär?”.

Während die Klitschkos damit beginnen, reihenweise ihre Gegner “umzuhauen”, kämpfen ein deutscher und ein amerikanischer Radfahrer um die Vorherrschaft bei der Tour de France. Und die deutschen Ski-Springer setzen zu historischen Höhenflügen an. Dafür tritt Steffi Graf zurück, wird aber zur Sportlerin des Jahrhunderts gewählt.

In Vorfreunde auf den Jahrtausendwechsel erschießt die Nation Moorhühner und tanzt im Sommer zu Mambo No. 5 von Lou Bega, bevor Stefan Raab zum Jahresende einen Maschendrahtzaum vertont und das Jahr in einem riesigen Feuerwerk endet.

Das war es nun für das zwanzigste Jahrhundert. Am Schluss etwas viel, aber es war ja auch eine Menge los.

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Fotos: picture alliance/AP Photo; Wikipedia/ Zefram; Motorola

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