Social Media-Verbote sind keine Lösung!

44 Prozent aller deutschen Unternehmen verbieten ihren Mitarbeitern die Nutzung von Twitter, Facebook und Co. am Arbeitsplatz,  so das Ergebnis einer aktuellen Studie von Cisco Systems. In England, Italien und Frankreich ist die Quote sogar deutlich höher. Fast zeitgleich brachte eine Umfrage des Personaldienstleisters Robert Half Technology in den USA ein  Ergebnis, das auf einen kontrollierteren Umgang mit Social Media schließen lässt: Ein guter Teil der 1.400 befragten Chief Information Officers (CIO) gab an, sie hätten strengere Nutzungsregeln eingeführt, seit Social Media auf dem Vormarsch ist. 23 Prozent der Befragten verschärften die Regeln für die private Nutzung während der Arbeitszeit, 15 Prozent taten dies auch bei den Anweisungen für die berufliche Nutzung.

Manch einer wird zustimmend nicken und sagen “Privates hat am Arbeitsplatz eben nichts verloren!” oder “Social Media bringt uns als Unternehmen nichts!” Wer sich mit dem Thema Social Media intensiver beschäftigt weiß, dass dies eine sehr einseitige Sichtweise ist und – je nach Unternehmen, Branche und Anwendungsgebiet – auch eine Menge verpasster Chancen bedeuten kann.

Aus meiner Sicht sind Verbote und eine generelle Sperrung des Zugangs zu Social-Media-Plattformen eine Sackgasse. Vielmehr gilt es in Unternehmen eine Social-Media-Governance-Strategie zu entwicklen, in deren Rahmen Mitarbeitern in Unternehmensbereichen wie F&E, Marketing, PR, Vertrieb, HR, ….  Medienkompetenz für den Umgang mit Social Media vermittelt wird, die Möglichkeiten von Social Media geprüft und etwaige Potenziale für das eigene Unternehmen ausgeschöpft werden.

Und Chancen gibt es! So konstatiert beispielsweise eine Untersuchung vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), dass Dienstleistungsunternehmen, die Social-Software-Anwendungen einsetzen, innovativer sind als Firmen, die dies nicht tun. Über die vielfältigen Möglichkeiten für PR, HR oder andere gar nicht zu reden.

Natürlich macht die Nutzung von Social Media nicht überall Sinn. Selbstverständlich muss der Aufbau von Web 2.0-basierten “Schatten-IT-Infrastrukturen” durch Mitarbeiter unterbunden werden, wenn diese betriebliche oder gesetzliche Regeln unterlaufen oder die Performance der Unternehmens-IT beeinflussen. Und auch die private Nutzung von Social Media während der Arbeitszeit muss verbindlich geregelt sein.

Egal ob man als Unternehmen Social Media nutzt oder nicht. Wenn ca. 40 Prozent der Arbeitnehmer in sozialen Netzwerken unterwegs sind und laut BITKOM jeder dritte Deutsche ein Smartphone besitzt, das internetfähig ist, wird man als Unternehmen an Social Media Guidelines oder angemessenen Anpassungen bestehender Regelungen nicht vorbei kommen. Es geht hier nicht nur um das Thema Arbeitszeit, sondern auch um den Umgang mit Unternehmensthemen im Social Web und – gerade in sicherheitssensiblen Bereichen – um Vertraulichkeit, Datenschutz und Wahrung von Betriebsgeheimnissen.

Dass manches deutsche Unternehmen die Chancen und den Trend zu Web 2.0 erkannt hat, zeigt ein Bericht von CIO-Online zu den IT-Strategie-Tagen in Hamburg. Lufthansa-CIO Thomas Endres bezeichnete Web 2.0 als Selbstläufer, Jürgen Burger vom Logistikunternehmen Hellmann sieht mehr Chancen als Risiken und Markus Bentele von Rheinmetall sieht Social Media als ein Muss, das junge Mitarbeiter, die viel zitierten Digital Natives, einfordern.

Veröffentlicht von

Stephan Fink

Stephan Fink, Member of the Board & CEO of communications agency Fink & Fuchs Public Relations AG, Wiesbaden, Berlin, München